Glass of money

Sparwahn: Agilität machen und lassen

Nicht nur Missverständnisse über den Unterschied von Agilität und Flexibilität sowie Scrum und Agil und die Angst vor Neuem mit Hang zu Gewohntem sind Gründe für häufiges Scheitern von Agilität. Auch ein Sparwahn an falscher Stelle trägt oft seinen Teil dazu bei, dass sich eine agile Grundhaltung nicht in Unternehmen einstellt.

Der Drang, Geld zu sparen, ist nichts Ungewöhnliches. Natürlich hat kein Unternehmen beliebiges Budget zur Verfügung und Ausgaben sollten immer mit Bedacht gewählt werden. Die Veränderung innerhalb eines Unternehmens hin zu einem agilen Wertesystem kostet erst mal nicht zwingend zusätzliches Geld, auch wenn sich mit einem gewissen Budget sicher oft mehr bewegen lässt. Ob damit die Transition zwingend schneller geht, steht in den Sternen. Das Problem mit dem Sparwahn liegt woanders. Es schlägt gleich zwei mal zu: Bei der “Einführung” und bei der “Weiterentwicklung”, häufig das Eine als Folge auf das Andere.

 

Agilität einführen um zu sparen

Die Einführung agiler Methoden hat häufig einen wesentlichen Grund: Geld sparen. Meist wird das anders formuliert, häufig ist schlicht von Effizienzsteigerung die Rede. Am Ende ist häufig das einzige Ziel, mit gleich vielen Menschen (oder perspektivisch weniger Mitarbeitern) mehr Arbeitsleistung zu bringen. Das ist auch erst mal nicht verwunderlich. Die meisten Manager in ihren Unternehmen kommen aus diesem Gedankenmuster der Optimierung. Sie wollen ihre Geschäftsergebnisse durch die Reduktion von Kosten verbessern. Die Generierung von neuem Kundennutzen spielt bestenfalls eine untergeordnete Runde und wird ausgelagert in Innovations-Abteilungen.

Hinzu kommt, dass die meisten Unternehmen in Projekten denken, so ihre Budgets planen und ihre Arbeit organisieren. Natürlich wird dann Scrum zu einer “Projektmanagement-Methode”. Es geht also in den Köpfen vieler (Manager) Menschen darum, ein Projekt durch gutes Management möglichst effizient durchzuführen.

 

Vielen Unternehmen, oder zumindest deren Managern, geht es nicht vornehmlich um ein großartiges Produkt (oder eine kundennahe Dienstleistung). Stattdessen steht “Geld verdienen” durch effiziente Abwicklung im Vordergrund. Es geht also nicht um Effektivität, sondern um  Effizienz. Im Sparwahn der Unternehmen wird also “Agilität” maßgeblich eingeführt, um Kosten zu senken.

Die Werte und Prinzipien des agilen Manifests sind wesentlich weiter gefasst und beschreiben eine Haltung, die eine hohe Kooperationsbereitschaft und Fokus auf Teamarbeit sowie eine starke Nähe zum Endanwender unterstützt und damit in einem nicht vorhersehbaren Umfeld voller Überraschungen zu besseren Ergebnissen führt.

Wirklich erfolgreich werden agile Methoden also, wenn es um schnell ausgelieferten höchsten Kundennutzen geht, der möglichst effizient entwickelt zur Verfügung gestellt wird. Statt den Fokus auf eine möglichst effiziente Arbeitsorganisation durch saubere Prozesse zu legen, müsste er auf möglichst hohe Effektivität gelegt werden. Hier entfaltet Agilität die eigentliche Stärke.

 

Agilität sein lassen, um zu sparen

Da viele Unternehmen Agilität nicht einführen, um Produkte und Dienstleistungen effektiver und inhaltlich kundennah erfolgreicher zu machen, sondern nur um die Arbeitsorganisation effizienter zu gestalten, ist wiederum der Erfolg agiler Methoden nur sehr begrenzt an den Erfolg des Produktes (der Dienstleistung) selbst gekoppelt. Das hohe Maß an vielen kleinen Veränderungen bei der Einführung von Agilität – meistens durch die Einführung agiler Methoden wie Scrum oder Kanban – erzeugt Unruhe, Reibung, neue Lernfelder und würde idealerweise personell begleitet. Dadurch entstehen zusätzliche Kosten, die nicht einher gehen mit dem Ziel der Einführung, Kosten zu sparen.

Die Bereitschaft, temporäre Projektkosten für “das Einführungsprojekt agiler Methoden” zu übernehmen, ist in der Regel da. Es fehlt aber das Verständnis, dass es sich bei der Einführung agiler Methoden um einen Wandel in der gesamten Denk- und Handlungsweise handelt hin zu einer kontinuierlichen Veränderungs- und Lernbereitschaft. Damit entstehen dauerhaft Kosten an neuen Stellen. Agilität lässt sich nicht als Projekt mit klarem Ende einführen und der Wandel ist nicht in wenigen Monaten oder auch Jahren abgeschlossen.

Ein wesentlicher Aspekt bei der Einführung von Agilität ist die Einführung einer ständigen Veränderungsbereitschaft und eine starke Fokussierung auf Mitarbeiter- und Kundenbedürfnisse bei einer hohen Kooperation mit größtmöglicher Transparenz. Der kontinuierliche Wandel wird ständiger Begleiter. Ein Unternehmen wird nicht agil auf Marktanforderungen reagieren können, wenn es in sich nicht dauerhaft agil und veränderungsbereit ist.

 

Wenn nach mehr oder weniger erfolgreichem “Abschluss des Projekts Einführung Agilität” kein Geld und damit auch keine Bereitschaft mehr da ist, in die kontinuierlichen Veränderungen weiterhin zu investieren, bleiben halb gare oder chaotische Zustände zurück, die Zufriedenheit sinkt und der Rückfall auf alte Muster ist vorprogrammiert.

 

Agilität ist kein Prozess oder Framework, das über ein einmaliges Projekt eingeführt werden kann. Es ist eine fundamentale Veränderung der gesamten Haltung, Arbeits- und Denkweise, deren Ziel nicht ausschließlich die effizientere Bearbeitung einzelner Aufgaben sein kann.

(Das verwendete Bild ist von Pictures of Money – Vielen Dank!)

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