Erkennen, wenn ein Team nicht funktioniert

Nachdem ein Team einige Wochen zusammen gearbeitet hat, stellt sich gerade für Agile Coaches oder Scrum Master die Frage, ob das Team gut funktioniert und eine hohe Performance erreichen wird. Unabhängig vom aktuellen Entwicklungsstand (nach Tuckman oder dem aktuelleren Team Performance Model) gibt es konkrete Anzeichen, die einen Eindruck vermitteln, ob ein Team eine gute Chance hat, in einen Zustand hoher Performance zu kommen.

Überprüfen und anpassen

Um dauerhaft in einer hohen Performance zu arbeiten, müssen Teams immer wieder das eigene Vorgehen und Prozesse hinterfragen und den sich möglicherweise geänderten Rahmenbedingungen anpassen. Wenn Teams ganz auf solche Überlegungen verzichten oder sich der Austausch zu den Themen auf die Überprüfung beschränken und keine Maßnahmen zur Verbesserung ergriffen werden, wird dieser Stillstand eine hohe Performance auf lange Sicht verhindern. Das Team muss mutig sein, nicht nur zu entscheiden, was sie ergänzend machen oder verändern wollen, sondern vor allem auch, was sie nicht mehr machen möchten. Besonders deutlich wird das zum Beispiel in den Retrospektiven bei Scrum: Wird hier immer wieder über das gleiche Thema gesprochen oder werden konkrete Maßnahmen definiert und deren Umsetzung nachverfolgt?

Unabhängig von einzelnen Personen

Wenn nicht gut geplant wird, kein ausreichendes Verständnis für agiles Arbeiten in interdisziplinären Teams existiert oder sogar wichtige Fähigkeiten zur Auslieferung des Team-Ziels fehlen, können bestimmte Aufgaben nur einzelne Personen übernehmen. Ein ungeeigneter Schnitt der Aufgaben nicht nach Kundennutzen, sondern nach technischen Disziplinen, unterstützt diesen Zustand. So entstehen Abhängigkeiten die zu unvorhersehbaren Engpässen führen und nicht aufgelöst ein schnelles Ausliefern von Kundennutzen verhindern. Die eigentliche Idee hinter interdisziplinären Teams, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, ist der Fokus auf den Kundennutzen und die Gewährleistung, dass auch immer ein Wert für diesen Kunden geschaffen werden kann. Ist jeder Mitarbeiter im Team interessiert an der Auslieferung von Wert für den Kunden, oder geht es ihnen lediglich um das Abliefern ihres Arbeitsergebnisses? Kann das Team alleine und selbstorganisiert Kundennutzen schaffen?

Regelmäßig aktualisierte Priorisierung

Großer Wert agiler Methoden ist die Möglichkeit, regelmäßig die Aufgabenpakete den aktuellen Anforderungen entsprechend anzupassen und die Reihenfolge der Themen zu ändern. Die Aufgabe liegt beim Produktverantwortlichen (bei Scrum beim Product Owner) und er muss regelmäßig hinterfragen, ob die Aufgaben auf seiner Liste einen Kundennutzen erzeugen, ob die nächsten Aufgaben den höchsten Geschäftswert erzielen. Ist das nicht der Fall, muss die Reihenfolge gegebenenfalls unterstützt von Stakeholdern und/oder dem Team angepasst werden. Arbeitet der Produktverantwortliche aktiv mit der Anforderungsliste und bezieht dabei Stakeholder, Kunden und sein Team mit ein? Verändert sich die Reihenfolge abhängig von neuen Erkenntnissen immer wieder?

Nach Hilfe fragen

Auch wenn das interdisziplinäre Team alle benötigten Fähigkeiten hat, um Kundennutzen zu erzeugen, werden immer wieder Situationen kommen, in denen das Team Hilfe von außen braucht. Hier gilt es selbstorganisiert abzuwägen, ob die offene Frage innerhalb des Teams in adäquater Zeit eigenständig gelöst werden kann, oder ob Hilfe außerhalb des Teams organisiert werden sollte. Für Nachhaltigkeit muss ein gewisses Maß an Lernen möglich sein. Lernen funktioniert manchmal autodidaktisch und durch eigenes Ausprobieren, manchmal ist Unterstützung von außen für Lernen und Performance die bessere Lösung. Fragt das Team aktiv nach, tauscht sich aus und sucht Hilfe auch außerhalb des Teams?

Zeiten einhalten und fokussiert bleiben

Es macht keinen Unterschied, ob ein verlorener Tag am Anfang oder Ende eines Projektes steht. Ein verlorener Tag bedeutet immer verlorene Stunden. Das gilt für jede Zeitgröße. Dauert jedes Meeting länger als geplant, verliert das Team Zeit und zeigt offensichtlich, dass es Schwierigkeiten hat, den Fokus auf das Wesentliche zu halten. Häufig arten Termine in Schleifendiskussionen aus, die zu keinem Ergebnis führen und damit auch keinen Wert erzeugen. Gerade in täglichen Abstimmungsmeetings geht es oft nicht um die Tagesplanung, sondern um Statusberichte. Hält sich das Team an die Zeitfenster, die sie sich für ihre Abstimmungen geben und finden die Gespräche in den Meetings fokussiert und ergebnisorientiert statt?

Verlässliche Geschwindigkeit

In vielen Teams wird die Geschwindigkeit gemessen. Häufig passiert dies durch Story Points, deren Mittelwert über mehrere Sprints hinweg bestimmt wird. Im Laufe mehrere Sprints sollte sich dieser Mittelwert stabilisieren und das Team sollte verlässlich eine gewisse Summe erreichen. Anhand dieser gemessenen Geschwindigkeit und Einschätzungen für Größen von anstehenden Aufgabenpaketen, können Produktverantwortliche eine grobe Planung der weiteren Entwicklung sowie Stakeholdermanagement betreiben. Wenn das Team nicht zu einem einigermaßen stabilen Wert kommt, wird Planbarkeit erschwert und es zeigt, dass das Team noch nicht abschätzen kann, wie sie Dinge effizient erledigen können. Es fehlen meist Informationen und die Kollaboration funktioniert noch nicht. Beides wirkt sich massiv negativ auf eine hohe Performance aus. Hat das Team eine verlässliche Geschwindigkeit?

Hohe Motivation und Transparenz

Manchmal kann es vorkommen, dass einzelne Mitglieder im Team aus persönlichen oder anderen Gründen nicht mehr motiviert sind oder Angst haben, sich mit allen Stärken und Schwächen einzubringen. Schon das behindert die Performance, weil Verlässlichkeit und Einsatz für Team und Ziel nicht ausreichend da sind und das häufig den Rückfall in einen Modus bedeutet, in dem nur noch “Dienst nach Vorschrift” gemacht wird. Zusätzlich kann unter anderem persönliche Unzufriedenheit dazu führen, dass individuelle Ziele in Form von einer “hidden agenda” voran getrieben werden. Solche versteckten individuellen Ziele, die häufig eher destruktiv für das Teamziel sind, halten auf, führen zu Konflikten und behindern die Performance. Werden Fehler vertuscht und Schwierigkeiten nicht transparent gemacht? Sind alle Mitarbeiter mit hoher Motivation in ihrem Team aktiv? Arbeitet das Team gerne zusammen und freut sich über erreichte Ziele?

Interesse an Neuem

Zusammenarbeit im Team ist komplex. Wesentliches Merkmal von Komplexität ist Überraschung. Das bedeutet, dass in der Team-Arbeit keiner genau vorhersagen kann, welche Entscheidung zu welchem Ergebnis führt. Das Team muss bereit sein, neue Wege zu gehen, Neues immer wieder auszuprobieren, kleine Dinge zu versuchen, um sich selbst immer wieder herauszufordern und bessere Wege zu finden. Arbeitet das Team mit ihren Prozessen? Ist das Team bereit, mutig neue Dinge auszuprobieren?

Welche weiteren Anzeichen kennst du, an denen man erkennen kann, dass ein Team nicht funktioniert?

Impuls und Grundlage für diesen Beitrag ist der Artikel “5 Signs Your Agile Team Roles Might Be Falling Behind.”

(Das verwendete Bild ist von clement127 – Vielen Dank!)

About the author

Daniel Dubbel

Agility Master | COO, HOUSE OF MOBILE @ DB Systel | Deutsche Bahn
Agile Transformation & Digital Strategy Expert | P&L Leader | Driving Growth through Innovation & Organizational Change | C-Level Advisor

By Daniel Dubbel

Share

Categories

Archiv

Benachrichtige mich bei neuen Beiträgen
error

Weiterempfehlung? Danke für die Unterstützung!