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Machtkämpfe im Führungsparadies: Wenn alle führen wollen

Stell dir vor: ein Team voller kluger Köpfe, jeder hochmotiviert, jeder mit einem klaren Plan. Perfekte Voraussetzungen, oder? Nicht immer. Wenn alle gleichzeitig führen wollen, gerät das Team schnell in ein Spannungsfeld, das alles andere als förderlich ist. Die anfängliche Energie, die man für den gemeinsamen Erfolg nutzen könnte, verwandelt sich plötzlich in ein Tauziehen um Einfluss. Was als geteilte Verantwortung beginnt, kann in Chaos und Machtkämpfen enden.

Willkommen zu Teil zwei der Reise durch die Welten der Führung! In dieser vierteiligen Serie werfe ich einen vielleicht etwas anderen Blick auf das, was Führung aus meiner Sicht heute wirklich bedeutet. Die Arbeitswelt hat sich gewandelt, und damit auch die Art und Weise, wie Führung in Unternehmen verstanden werden muss. Basierend auf meinem Vortrag “Wenn keiner führt, wo führt das hin?” und dem Artikel “Wenn alle führen – oder keiner” im Personalmagazin “Neues Lernen” erkunden wir, wie Führung in einer Balance aus Freiheit und Struktur gestaltet werden kann. Und wie immer gilt: Mitdenken ist immer erwünscht, Fragen und andere Sichtweisen sind willkommen!

Keine Führung ist auch (k)ein Kinderkram

Erinnerst du dich an diese eine Pause in der vierten Klasse, in der irgendwie alles anders war? Die Lehrerin hatte die Klasse entlassen, und voller Energie stürmte jeder auf den Schulhof. Miriam wusste immer, was ihr in der Pause machen könntet. Doch heute war Miriam krank. Ihr standet im Kreis habt euch angesehen. Ein Vorschlag kam nach dem anderen – “Fangen!” rief Lisa, “Gummitwist!” schlug Sarah vor. Tom schüttelte nur den Kopf, und auch du hattest keine Lust auf das, was die anderen vorschlugen. Es blieb bei Ideen, Diskussionen – und Stillstand. Nach einer Weile zerstreute sich die Gruppe. Jeder tat irgendetwas für sich, aber niemand tat es zusammen. Die Pause war vorbei, bevor sie richtig begonnen hatte. Es war ein seltsames Gefühl: Das Fehlen eines klaren Impulses ließ die Dynamik zerbrechen. Doch dann, ein paar Tage später, passierte etwas ganz anderes.

Miriam fehlte wieder, doch diesmal schien eine unsichtbare Energie durch die Gruppe zu gehen. Plötzlich wollten alle das Heft in die Hand nehmen. “Ich sage jetzt, was wir machen!”, verkündete Lisa laut. Tom fiel ihr ins Wort: “Nein, meine Idee ist besser!” Sarah stampfte entschlossen auf und erklärte: “Immer willst du bestimmen. Wir machen jetzt, was ich sage!” Plötzlich konkurrierten nicht mehr nur die Ideen, die niemanden begeistern konnten, sondern die Persönlichkeiten. Jeder wollte führen, niemand wollte folgen. Kleine Gruppen bildeten sich, aber anstatt ein Spiel zu starten, verlor sich die Energie in endlosen Machtkämpfen. Die Pause verging in einem Wirbel aus Streit und Chaos – wieder ohne Spiel, wieder ohne Gemeinsamkeit.

Und was bedeutet das?

Diese kleinen Episoden aus dem Leben auf dem Schulhof sind mehr als nur Geschichten. Sie zeigen exemplarisch die Wichtigkeit eines Rahmens für Führung und Zusammenarbeit in Gruppen, ganz unabhängig vom Kontext, sogar unabhängig vom Alter. Ohne eine klare Führung – sei es durch eine Person oder eine gemeinsame Absprache – zerfällt die Dynamik des Zusammenwirkens. Und wenn zu viele versuchen, gleichzeitig die Richtung zu bestimmen, entsteht Konkurrenz, nicht Kooperation.

Organisationen stehen vor ähnlichen Herausforderungen: Wer übernimmt Verantwortung? Wer gibt den Impuls? Während viele glauben, Selbstorganisation bedeute das Fehlen von Führung, zeigt sich, dass das Gegenteil der Fall ist. Führung ist nicht nur ein Titel oder eine Rolle, sondern eine notwendige soziale Funktion, die Orientierung gibt und Menschen zusammenbringt. Ohne sie bleibt Zusammenarbeit oft Stückwerk.

Die Gefahr des Überangebots an Führung

Führung ist keine Rolle mit einem Namensschild darauf. Sie ist ein lebendiger Prozess, der Impulse setzt, der Aufmerksamkeit lenkt und Austausch steuert. Häufig wird das “verteilte Führung” – also die Verteilung von Führungsaufgaben auf viele Schultern – genannt. Klingt super, oder? Doch was passiert, wenn sich diese Impulse überlagern und das Team vor lauter Führung den roten Faden verliert?

Ein Überangebot an Führung kann schnell zur Überlastung werden. Wenn zu viele Köpfe gleichzeitig Entscheidungen treffen und Richtung vorgeben wollen, prallen unterschiedliche Prioritäten und Strategien aufeinander. Was als konstruktives Brainstorming beginnt, wird bestenfalls nur zu einem großen Durcheinander oder schlimmer noch, zu ständigen Konflikten. Der Fokus schwindet. Entscheidungen ziehen sich endlos hin. Man spricht dann von einem “Führungsüberfluss”, einer ironischen Situation, in der zu viel Führung zu weniger Entscheidungsfreude führt.

Stell dir ein Meeting vor, bei dem fünf Leute gleichzeitig ihre Ideen verteidigen. Jeder ist überzeugt, den besten Ansatz zu haben, keiner hört zu oder folgt den Ideen anderer. Das Ergebnis? Ein verbaler Boxkampf, bei dem der eigentliche Zweck – gemeinsame Ergebnisse – zur Nebensache wird. Während jeder um Einfluss ringt, bleibt das Team stehen. Fortschritt ist hier Fehlanzeige.

Die Wurzeln des Führungsdrangs

Der Wunsch zu führen entspringt oft tiefen psychologischen Bedürfnissen, die nicht selten über einfache Karriereambitionen hinausgehen. Für manche ist eine Führungsposition die Chance, Anerkennung zu erhalten oder ein Gefühl von Selbstwirksamkeit zu erleben. Andere sehen darin die Möglichkeit, Kontrolle in einer als unsicher empfundenen Umgebung zu gewinnen.

Die moderne Arbeitswelt ist von Unsicherheit und schnellem Wandel geprägt. In diesem Umfeld kann der Drang zu führen als Schutzschild gegen Veränderungen durch andere dienen. Die Beobachtung war, dass Menschen mit einem starken Bedürfnis nach Sicherheit oft Führungspositionen anstreben im Wunsch, die eigene Umgebung besser kontrollieren zu können. Diese individuellen Motivationen prallen in Teams, in denen viele führen wollen, aufeinander und erzeugen ein komplexes Geflecht aus Ambitionen, Ängsten und auch Hoffnungen. Damit lenken die Menschen den Fokus auf die individuelle Situation. Das erschwert eine gemeinsame Gestaltung der Zusammenarbeit. Es geht den Menschen mehr um sich und ihre Position und eigene Sicherheit und Kontrolle, statt um die gemeinsame Wertschöpfung.

Konflikte und ihre Folgen für das Team

Wenn sich jede Person im Team oder gar der ganzen Organisation Gehör verschaffen will, entstehen Spannungen, Misstrauen und so etwas wie eine Grundnervosität. Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan hilft (wie im letzten Artikel auch) hier weiter: Sie zeigt, dass das Bedürfnis nach Autonomie und Kompetenz schnell ins Gegenteil umschlägt, wenn es überreizt wird. Aus einem förderlichen Klima wird dann eine Bühne, auf der alle um den Platz im Rampenlicht kämpfen.

In dieser Art von Team verwandeln sich Diskussionen in Schaukämpfe. Positionierungen, taktische Allianzen und ständige Konkurrenz werden zur neuen Normalität. Wer am lautesten schreit, gewinnt – zumindest kurzfristig. Das zieht die Energie vom eigentlichen Ziel ab und schwächt die gesamte Teamleistung.

Ich erinnere mich ungern an ein Projekt, in dem genau das passierte: Jeder im Team hatte eine starke Meinung und eine klare Vorstellung davon, was richtig und wichtig ist für das Team. Statt gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten, war das Team in einem endlosen Tauziehen gefangen. Meeting folgte auf Meeting. Die Diskussionen verliefen im Kreis und am Ende gingen alle frustriert auseinander. Statt Fortschritt in der Sache wurden alle Beteiligten immer erschöpfter, bis dann manche sogar völlig resignierten.

Herausforderung Globalisierung

Die moderne Arbeitswelt ist globalisiert und Zusammenarbeit in Teams und zwischen Unternehmen ist immer mehr geprägt durch kulturelle Unterschiede. Zwischen diesen Kulturen variiert die Wahrnehmung und Umsetzung von Führung. In manchen Gesellschaften wird eine starke, zentrale Führungsfigur erwartet und respektiert, während in anderen Konsens bevorzugt wird. Diese kulturellen Prägungen beeinflussen maßgeblich, wie Teammitglieder mit Führungsrollen umgehen und welche Erwartungen sie an Führungskräfte stellen.

In multikulturellen Teams kann das zu großen Missverständnissen und Konflikten führen, die über oberflächliche Kommunikationsprobleme hinausgehen. Mitarbeitende aus einer hierarchisch geprägten Kultur zögern vielleicht, Initiativen zu ergreifen oder Vorgesetzte zu hinterfragen, während Menschen aus einem anderen Umfeld genau das als selbstverständlich und sogar erwünscht ansehen.

Erfolgreiche Teams müssen diese kulturellen Unterschiede nicht nur erkennen, sondern aktiv Brücken bauen, um eine für alle akzeptable Führungskultur zu entwickeln, zum Beispiel durch interkulturelle Schulungen, offene Dialoge über Führungserwartungen und die Bereitschaft, flexible Führungsmodelle zu entwickeln, die verschiedene kulturelle Perspektiven integrieren.

Die Macht informeller Hierarchien

Wenn das Durcheinander zu groß wird, bilden sich informelle Hierarchien aus. Das ist eine sowohl natürliche, als auch auch oft ungewollte Konsequenz von Führung, die überall und nirgends ist. Im Team entstehen dann neue Machtstrukturen, ohne dass sie bewusst geplant wären. Wer am besten verhandelt, am lautesten argumentiert oder sich durch Beharrlichkeit oder einfach nur Wiederholung Gehör verschafft, wird zum informellen Anführer.

Diese Positionen basieren mehr auf Wahrnehmung und sozialer Durchsetzungsfähigkeit, statt auf Kompetenz oder gemeinsamen Vereinbarungen. Für Organisationen sind sie im besten Fall beobachtbar. Das ist nicht nur unübersichtlich für die Mitarbeitenden. Sie lassen sich auch aus der Organisation kaum steuern. Die Annahme, dass sich in diesen Prozessen automatisch die besten Ideen und Impulse für die gesamte Organisation ergeben, ist frommes Wunschdenken und funktioniert spätestens in der Situation nicht mehr, in der ein Unternehmen so groß ist, dass nicht mehr alle alles überblicken können.

Systemtheoretisch betrachtet wird in diesen Situationen ein Team zu einem Geflecht von Mikrosystemen, die sich jeweils um dominante Persönlichkeiten formieren. Diese dynamischen Machtzentren destabilisieren die Gruppe, weil sie nicht auf klaren Strukturen, sondern auf situativer und plötzlich entstehender Einflussnahme basieren. In einer solchen Umgebung kann die eigentliche Entscheidungsfindung unberechenbar werden. In vielen Strukturen mit Verantwortungsteilung wird darauf gesetzt, dass klare Visionen, Purpose und Ziele ausreichend Führung bieten. Wer einmal in einem größeren Kontext gearbeitet hat weiß, wie wenig Führung von solchen Formulierungen ausgeht.

Informelle Hierarchien können kurzfristig Orientierung bieten. Gleichzeitig sind sie oft instabil und sorgen damit für latente Spannungen. Sie untergraben das Ziel der gemeinsamen Führung, da sie auf unsichtbaren und wechselnden Regeln basieren. Das führt zu Frustration. Wer nicht den gleichen Einfluss ausüben kann, fühlt sich schnell klein gehalten, nicht gesehen oder gehört. Bedürfnisse nach Fairness und Anerkennung werden nicht geachtet. Wer die eigenen Ideen nicht durchbringt, zieht sich im Zweifel zurück oder wird sogar passiv-aggressiv.

Ursprünglich als offene und flexible Kultur in Teams und Organisationen geplant, in der alle “auf Augenhöhe” miteinander arbeiten, münden in einer Spaltung. Dominante Personen verstärken ihren Einfluss, während sich eher Zurückhaltenden aus dem Prozess zurückziehen. Dieser Kreislauf führt zu einer Teamdynamik, in der manche ständig um ihre Position kämpfen, während andere schlicht aufgeben.

Ich musste mal ein selbstorganisiertes Projektteam beobachten, in dem “alle gleich waren”. Schnell fanden sich zwei Menschen mit mehr Führungsanspruch als andere und dominierten im Team. Ihre Stimmen wurden automatisch als besonders wichtig angesehen und sie waren die Lautesten in jeder Diskussion. Mit ihren guten Argumenten konnten sie zu Beginn überzeugen. Doch nach und nach bröckelte der Team-Zusammenhalt. Andere Mitglieder, die sich nicht durchsetzen konnten, äußerten ihre Ansichten immer weniger aus Angst, überstimmt, ignoriert oder übergebügelt zu werden. Die informellen Hierarchien in dem Team wurden für manche persönlich unüberwindbar. Neue Ideen wurden weniger geäußert und die zu Beginn spürbare breite Beteiligung nahm immer mehr ab.

Vertrauensverlust und Misstrauen

In einem Team, in dem jeder führen möchte, ist das Vertrauen schnell das erste Opfer. Vertrauen basiert auf dem Gefühl gehört zu werden. Für Vertrauen in Teams sind (mit)geteilte Werte und gemeinsame Ziele wichtig. Wenn ständig jeder versucht, die (eigene) Richtung vorzugeben, entsteht ein Umfeld voller Konkurrenz. Die Teammitglieder sprechen dann nicht mehr offen über Ideen. Stattdessen wird jede Diskussion zu einem Test von Loyalität und Einfluss. Das Team destabilisiert damit seine eigene Kommunikationsstruktur. Der ständige Wettstreit um Führung sorgt für selektive Weitergabe oder das Zurückhalten von Informationen. So fragmentiert das Team nach und nach.

Effektive Zusammenarbeit braucht eine offene Dynamik, die durch eine solche Entwicklung zerstört wird. Das Team kann nicht mehr kollektiv lernen und flexibel auf Herausforderungen reagieren. Stattdessen verfestigen sich kleine Allianzen, die ihre eigenen Interessen verfolgen und ein Klima schaffen, in dem letztendlich “jeder gegen jeden” arbeitet. Wenn der Kampf um Einfluss den Raum für offene und ehrliche Kommunikation übernimmt, entsteht Misstrauen. Teammitglieder fragen sich, ob Ideen wirklich gut für das Projekt sind, oder nur ein weiterer Profilierungsversuch Einzelner. Dieses Denken schwächt den Zusammenhalt und fördert defensives Verhalten. Erkennen kann man das an subtilen Verhaltensmustern. Vorschläge sind weniger mutig, Diskussionen enden immer öfter mit zögerlichem Schweigen und vor Ort schaut sich keiner mehr in die Augen.

Langfristige Folgen

Langfristig verliert das Team so seine Innovationskraft, weil niemand mehr bereit ist, Risiken einzugehen. Jeder Schritt wird sorgfältig abgewogen, nicht um die beste Lösung zu finden, sondern um die eigene Position nicht zu gefährden. In einem solchen Umfeld ist die Angst vor Fehlern allgegenwärtig. Diese Angst blockiert kreative Prozesse und macht aus einem Team voller Potenzial eine Gruppe, die nur noch reagiert, statt proaktiv zu handeln.

Ein klassisches Beispiel zeigt sich in Meetings, die sich endlos hinziehen, ohne dass Entscheidungen getroffen werden. Jeder Teilnehmer möchte die Richtung bestimmen. Dabei möchte sich keiner angreifbar machen. Es geht nicht darum, andere Ideen zu hören und zu integrieren. Übrig bleibt eine zögerliche Gruppe, die Fortschritt und Stillstand verwechselt. Und das ist die größte Ironie: Ein Team voller Führungspersönlichkeiten friert fest, weil niemand die Rolle des Folgenden akzeptiert.

Führen durch Folgen

In der oft einseitigen Diskussion um Führung wird ein entscheidender Aspekt häufig übersehen: die Kunst des Folgens. Effektives Folgen ist genauso wichtig wie gute Führung. Diese komplexe Fähigkeit muss aktiv entwickelt werden. Wichtige hierbei ist es, konstruktiv zu unterstützen, kritisch zu hinterfragen und eigenverantwortlich zu handeln, ohne dabei die übergeordneten Ziele aus den Augen zu verlieren.

Gute Follower sind nicht passiv oder unterwürfig, sondern aktive Mitgestaltende des Teamerfolgs. Sie verstehen die Dynamik von Führungssituationen und wissen intuitiv, wann Führung zu übernehmen angebracht und wann es klüger ist, anderen zu folgen und deren Stärken zu unterstützen. In Teams, in denen jeder ständig führen will, geht diese wichtige Kompetenz verloren. Die Folge sind Ineffizienzen und Konflikte. Dabei werden Teams mit geteilter Führung erst in der Balance zwischen Führen und Folgen erfolgreich. Wir schaffen Raum für eine dynamischere und effektivere Form der Zusammenarbeit im Anerkennen und Fördern des Werts des Folgens. Das bedeutet auch, dass der Fokus weggelenkt werden muss von dem glorifizierenden Bild einer heroischen Führung hin zu einer ausgewogenen Wertschätzung beider Rollen: Leadership und Followership.

Emotionale Intelligenz als Schlüsselrolle

Emotionale Intelligenz spielt eine Schlüsselrolle bei dem Aufbau der Balance zwischen Führen und Folgen und der Bewältigung von Führungskonflikten. Besonders wichtig wird sie, wenn multiple Führungsansprüche aufeinandertreffen. Teams, in denen jeder führen will oder soll, benötigen Mitglieder mit hoher emotionaler Intelligenz, um Spannungen frühzeitig zu erkennen und effektiv zu entschärfen.

Empathie ist ein zentraler Bestandteil emotionaler Intelligenz. Sie hilft dabei, die oft verborgenen Motivationen hinter Führungsansprüchen zu verstehen und darauf angemessen zu reagieren. Selbstregulation ermöglicht es Teammitgliedern, ihre eigenen Führungsimpulse zu kontrollieren und anderen Raum zur Entfaltung zu geben. Für ein ausgewogenes Führungsumfeld ist das unerlässlich.

Führungskräfte mit ausgeprägter emotionaler Intelligenz können ein Klima schaffen, in dem Kooperation über Konkurrenz steht und in dem die Stärken jedes Einzelnen zum Tragen kommen. Sie erkennen intuitiv, wann es Zeit ist zurückzutreten, andere glänzen zu lassen und selbst in die Rolle des Folgenden zu schlüpfen. Das ist eine erforderliche Fähigkeit in Zeiten geteilter Führung und flacher Hierarchien.

Warum Balance das Ziel sein muss

Führung kann auch geteilt funktionieren, wenn sie gleichzeitig fokussiert ist. Das von Craig L. Pearce und Henry P. Sims Jr. bezeichnete Konzept des “shared leadership” beschreibt einen dynamischen, interaktiven Einflussprozess zwischen den Mitgliedern einer Gruppe, bei dem das Ziel ist, sich gegenseitig zur Erreichung von Gruppen- oder Organisationszielen zu führen.

Ein Team braucht weder eine dominante Führungsperson, noch braucht es zehn davon. Stattdessen muss sich Führung flexibel aufteilen und situativ anpassen. Mitglieder müssen lernen, wann es Zeit ist Impulse zu setzen, und wann es sinnvoll ist, die Führung abzugeben. Nur so können Teams eine Umgebung schaffen, in der Ideen frei fließen und dennoch klar strukturiert sind.

Gemeinsame Führung bedeutet nicht, dass alle gleichzeitig gehört werden wollen, sollen, können oder müssen. Es geht um das Wissen, wann man folgt und wann man führt. Teams, deren Mitglieder das verstehen, schaffen eine produktive und kreative Atmosphäre. Hier können alle ihre Stärken einbringen, ohne dass es zu Konkurrenz und Machtkämpfen kommt.

Ein paar Handlungsempfehlungen

  1. Rotationsprinzip einführen:
    Implementiert ein System, bei dem Führungsaufgaben regelmäßig rotieren. So haben alle die Chance, Führungserfahrungen zu sammeln. Das fördert das Verständnis für verschiedene Perspektiven.
  2. Klare Entscheidungsprozesse definieren:
    Etabliert transparente Verfahren für Entscheidungsfindungen. Legt fest, wer bei welchen Themen die finale Entscheidungsgewalt hat, um endlose Debatten zu vermeiden.
  3. Feedback-Kultur stärken:
    Führt regelmäßige, strukturierte Feedback-Runden ein, um Führungsverhalten zu reflektieren und kontinuierlich anzupassen.
  4. Führungskompetenzentwicklung fördern:
    Investiert in Weiterbildungen, die nicht nur Führungsfähigkeiten vermitteln, sondern auch die Kunst des Folgens und der Teamarbeit betonen.

Die Umsetzung dieser Empfehlungen können dabei unterstützen, dass Teams eine Balance zwischen individueller situativer Führung und Folgen für eine effektive und produktive Zusammenarbeit finden. Um wirklich produktiv zu sein, braucht es die Balance: Klare Impulse, Raum für Mitgestaltung, Klarheit zu Führung und ein gemeinsame Ziele. Führung bedeutet nicht, die einzige Stimme zu sein, sondern eine Richtung anzubieten, der andere folgen können, weil sie sie als sinnvoll erkennen. Und genau hier liegt die Kunst – sei es auf dem Schulhof oder im Konferenzraum.

Ausblick und mehr

Das war der zweite Einblick in die Welt der modernen Führung als sozialer Prozess. Im nächsten von insgesamt vier Beiträgen sehen wir uns an, was die Unterschiede von Führung und Management sind und wie sie zusammen gehören.

Die Serie basiert auf meinem Vortrag “Wenn keiner führt, wo führt das hin?”.
Hier weitere Links zu dem Thema:

(Das Bild ist mit FluxProAI generiert.)

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