Immer wieder begegnet mir die Aussage, ein guter Scrum Master schaffe sich selbst ab. Die Aussage hat in der Theorie eine gewisse Berechtigung. Ein Ziel des Scrum Masters ist die Förderung der Selbstorganisation und ein selbstorganisiertes Team braucht niemanden mehr, der dieses Ziel vorantreibt.
Allerdings berücksichtigt diese Aussage aus meiner Sicht drei wichtige zusammenhängende Punkte nicht:
- Scrum wird vor allem im komplexen Umfeld eingesetzt. Zu Komplexität heißt es unter anderem in Wikipedia: „Komplexität bezeichnet allgemein die Eigenschaft eines Systems oder Modells, dass man sein Gesamtverhalten selbst dann nicht beschreiben kann, wenn man vollständige Informationen über seine Einzelkomponenten und ihre Wechselwirkungen besitzt.“ Ein Scrum Master arbeitet also in einem Umfeld, das mit ständig und unberechenbar aufkommenden veränderten Bedingungen umgehen muss.
- Außerdem hat der Scrum Master innerhalb seines Teams noch weitere Aufgaben neben der Förderung der Selbstorganisation. So soll er unter anderem dafür sorgen, dass das Team gut arbeiten kann. So kann der Scrum Master dem Team unterstützend Aufgaben und Arbeiten abnehmen.
- Hinzu kommt, dass die Rollen und Aufgaben in Scrum mit gutem Grund klar verteilt sind. Eine wesentliche Aufgabe des Scrum Masters ist es, sich gelöst von Fragen der konkreten Umsetzung komplett auf den Prozess und das Team zu konzentrieren. Diese Konzentration auf so wichtige Themen gelingt nicht, wenn sie im Team selbst stattfindet, da das Umsetzungsteam sich auf die Umsetzung konzentrieren soll.
Es ist durchaus denkbar, dass ein Scrum Master in einem erfahrenen und selbstorganisierten Team phasenweise nicht mehr zwingend erforderlich ist – auch Boris Becker hätte seine Turniere hin und wieder ohne Trainer bestreiten können. Scrum Master können und sollten sich aber auch in solchen Teams weiter einbringen und für eine ständige Verbesserung sorgen mit starkem Fokus auf die Themen, für die er als Scrum Master vorgesehen ist.
Mir selbst ist übrigens noch kein Team begegnet, von dem ich sagen würde, dass es ohne Scrum Master ausgekommen wäre. Sobald ich dieses Glück habe ein solches Team zu treffen, werde ich den Beitrag hier vielleicht nochmal überdenken.