Scrum Master rechnen sich nicht

Scrum ist als Framework für die Umsetzung agiler Methoden längst zum Standard geworden. Glaubt man dem State of Scrum Report 2015 der Scrum Alliance, nutzen bei etwa 5.000 Befragten 82% Scrum, 11 weitere Prozent wollen es in Kürze ausprobieren.

Unabhängig davon, wie man genau Scrum einführt: Elementar sind die mehr oder weniger neuen Rollen. Während das Team einfach irgendwie das Team bleibt und sich nach und nach T-Shaped aufstellt, ist die Rolle des produktverantwortlichen Product Owners für das Management häufig vordergründig leicht zu verstehen und einzuführen. (Vernachlässigen wir an dieser Stelle, dass die Rolle dabei oft nicht richtig verstanden, sie deswegen unsauber eingeführt und nicht mit den nötigen Kompetenzen ausgestattet wird.)

Mit dem Scrum Master haben viele Unternehmen bei der Einführung und auch der Durchführung noch nach Jahren Schwierigkeiten. Für sie sitzt der Scrum Master zwischen den Stühlen eines Coaches, eines Prozessverantwortlichen und eines Teamleiters ohne fachliche und disziplinarische Verantwortung. Er hat damit keine klar einzuordnende Rolle. Auch hier vernachlässigen wir, dass die Rolle häufig unsauber eingeführt und nicht mit den nötigen Kompetenzen ausgestattet zum zahnlosen Tiger wird.

Denn selbst wenn die Einführung und Kompetenzen passen, rechnet sich ein nach Scrum Regeln eingesetzter Scrum Master bei einer vereinfachten wirtschaftlichen Betrachtung nicht.

Eine wirtschaftliche Betrachtung

Der Scrum Master selbst ist nicht direkt an der Wertschöpfung beteiligt und wird damit zu einem Kostenposten. Also muss er vereinfacht betrachtet durch seinen Einsatz in einem Team eine Verbesserung erzielen, mit der sich mindestens die Kosten für den Scrum Master selbst wieder amortisieren. Je größer die Herausforderungen in einem Team sind, um so kompetenter muss der Scrum Master sein und um so teurer ist er in der Regel, um so schwerer wird es, diese Kosten zu amortisieren.

Messen?

Auch wenn viele Manager an den Wert eines Scrum Masters glauben, müssen sie mit irgendwelchen KPI arbeiten und Ergebnisse, Kosten und Nutzen in Zahlen ausdrücken können. Der Einfluss der Ergebnisse der Arbeit des Scrum Masters ist in der Regel indirekt, kann also nicht konkret mit dem Erfolg seines Teams in Verbindung gebracht werden. Klassische Mess- und Steuerungssystemen können den Wert des Scrum Masters nicht belegen.

Noch eine Schwierigkeit

Hinzu kommt, dass sehr erfahrene Scrum Master meist nicht zufrieden sind mit der Arbeit beschränkt auf die Optimierung eines einzelnen Teams, also gar nicht für die Aufgaben zur Verfügung stehen, für die man sie oft bräuchte. Gibt es kaum Herausforderungen in einem Team, stellt sich die Frage, ob man in einen wenig erfahrenen und damit günstigen Scrum Master investieren will, oder das Team die Herausforderungen nicht selbst in den Griff bekommt.

Die übliche Reaktion

Als übliche Reaktion habe ich in unterschiedlichsten Unternehmen erlebt oder aus den Unternehmen gehört: Man findet die Rolle gut, weil man ja Scrum machen will und grundsätzlich daran glaubt. Wirklich wirtschaftlich vertreten kann man sie aber nicht. Also werden Entwickler in eine Doppelrolle gesteckt oder Scrum Master für mehrere Teams eingesetzt. Der Fokus geht verloren, das große Aufgabenspektrum kann damit nicht zufriedenstellend bearbeitet werden, die Ergebnisse bleiben aus, der Wert wird in Frage gestellt – diese Spirale ist kaum argumentativ und tatsächlich auch kaum durch positiven Ergebnisse von Teams aufzuhalten.

Fazit

Scrum Master, dauerhaft eingesetzt als ein Scrum Master pro Team, rechnen sich nicht. Entweder haben sie noch nicht ausreichend Erfahrung, um einen großen positiven Einfluss dauerhaft auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Teams zu haben. Haben sie ausreichend Erfahrung, sind sie meistens so teuer, dass der positive Effekt ihrer Arbeit noch größer sein muss oder sie stehen mit ihren persönlichen Interessen nicht mehr für die Rolle des Scrum Masters in einem Team zur Verfügung.

Aus meiner Sicht muss die Rolle des Scrum Masters anders gedacht und organisatorisch aufgestellt werden. Der Schwerpunkt der Aufgaben muss sich verlagern. Dazu mehr in einem nächsten Beitrag.

Wie ist deine Meinung zur Wirtschaftlichkeit eines Scrum Masters?

Über die relevanten Aufgaben eines Scrum Masters habe ich mich im nächsten Blog-Beitrag auseinander gesetzt.

(Das Titelbild ist von Helgi Halldórsson – vielen Dank!)

7 Comments

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  1. Das ist ein interessanter Aspekt – vor allem auf lange Zeit betrachtet.

    Doch bei folgenden Situationen ist aus meiner Sicht ein Scrum Master unabdingbar – auch wirtschaftlich:

    1. Zur Einführung von Scrum, da es sehr viele Herausforderungen in der Einführungsphase eines Scrum-Teams gibt. Und ein Scheitern des Teams kann sehr teuer werden, da die erhofften Ziele nicht erreicht werden und das Team evtl. stark demotiviert ist. Vor allem wenn es im Agentur-Kontext mehrere PO’s (ehemalige Projektmanager) gibt mit unterschiedlicher Qualität bzgl. des Verständnisses ihrer PO-Rollen und wie diese gelebt werden.

    2. In Agenturen, die mit wechselnden Projekten und Kunden arbeiten, da immer wieder neue Herausforderungen durch diverse Konstellationen in verschiedensten Bereichen entstehen und zumindest potentiell viele Hindernisse entstehen, die durch den Scrum Master aus dem Weg geräumt werden können. Ohne Scrum Master droht ggf. ein Projekt zu scheitern. Ob er sich rechnet ist aus meiner Sicht auch die Frage, wie die Berechnung erfolgt. Gescheiterte Projekte kosten Geld und sind ggf. sogar mit Verlust behaftet, demotivieren das Team, bieten naturgemäß keine Referenzen zur Akquise neuer Projekte, führen zu potentiellen Fehlinterpretationen und falschen Maßnahmen von Seiten des Managements her.

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