Eine Entwicklung komplexer Projekte ohne ein Team erscheint heutzutage nicht mehr möglich. Sind Strukturen, Arbeitsweisen und Ziele von Teams immer gleich oder sehr ähnlich? In Wikipedia heißt es zum Begriff Team: „Der Anglizismus Team (altengl.: team Familie, Gespann, Nachkommenschaft) bezeichnet einen Zusammenschluss von mehreren Personen zur Lösung einer bestimmten Aufgabe oder zur Erreichung eines bestimmten Zieles.“ Bezogen auf Unternehmen sei ein Team eine für einen bestimmten Zweck zusammengesetzte Arbeitsgruppe. Und wie sind solche Teams strukturiert?
Team ist aber nicht gleich Team. Selbst abgesehen von den individuellen Unterschieden durch die unterschiedlichen Mitarbeiter in Teams gibt es abhängig von Rahmenbedingungen und Arbeitsweisen weitere große Unterschiede. Hier will ich ein paar verschiedene Arten von Teams vorstellen. Abhängig vom Kontext wird das eine oder andere Team zu guten Ergebnissen führen.
Sequentielle Teams:
Die Arbeit in einem sequentiellen Team wird aufeinander aufbauend oder zumindest nacheinander (sequenziell) erledigt. Ein Mitarbeiter des Teams erledigt seinen Arbeitsschritt und übergibt das Ergebnis an den nächsten Mitarbeiter für dessen Arbeitsschritt. Ein mögliches Projekt ist erledigt, wenn alle ihre Arbeitsschritte nacheinander erledigt haben. Bei einem sequentiellen Team wird das Ergebnis eines Mitarbeiters der Input für den nächsten Mitarbeiter. Dieses Vorgehen kann sinnvoll sein, wenn keine große Interaktion zwischen den Mitarbeitern nötig ist, Schnittstellen klar sind und ein sich gegebenenfalls wiederholender Prozess vorliegt. Ein solches Team wäre gut skalierbar und eine lange Kette von Aufgaben kann so organisiert werden.
Ein Teamleiter spielt in diesem Modell eine große Rolle. Er muss die Schnittstellen zwischen den Mitarbeitern steuern. Wenn in einem sequentiellen Team jeder Mitarbeiter nur für seinen eigenen Teil der Arbeit zuständig ist, muss ein Teamleiter für die Koordination übergreifend sorgen und gegebenenfalls schnell entscheiden und Lösungen finden, wenn es Probleme an Schnittstellen gibt.
Fließbandarbeit ist ein gutes Beispiel für ein sequentielles Team. Hier wird jeder Arbeitsschritt erst abgeschlossen und das Ergebnis bietet den Ausgangspunkt für den nächsten Arbeitsschritt. In einem solchen Team sind spezialisierte Mitarbeiter eine gute Wahl, weil sie sehr effizient ihren Teilschritt erledigen werden. Die spezialisierten Mitarbeiter müssen im Zweifel nicht gut ausgebildet sein. Es reicht, dass sie ihren Arbeitsschritt gut erledigen.
Letztendlich würde ich hier eher von einer Arbeitsgruppe sprechen, als von einem Team, weil es gerade die Interaktion wie bei parallelen oder synchronen Teams es ist, was das Team zu einem Team werden lässt und was hier fehlt.
Parallele Teams:
In einem parallelen Team sorgt die Summe von gleichzeitig agierenden Spezialisten für das Ergebnis. Jeder Spezialist muss auf den anderen Spezialisten hören, damit alle zusammen zu dem guten Ergebnis kommen. Dieses Team folgt einem gemeinsamen Ziel und oft auch definierten Vorgaben. Ein Teamleiter beispielsweise hat die herausfordernde Aufgabe, die vielen parallelen Aktivitäten der Spezialisten so zu steuern, dass das Gesamtergebnis gut wird.
Mit einem solchen Team lassen sich klar definierte – teilweise auch sehr große – Ziele in vergleichsweise kurzer Zeit angehen. Auch wenn die Team-Mitglieder aufeinander und die gegenseitigen Ergebnisse achten müssen, müssen sie nicht unbedingt interaktiv tätig werden. Jeder Spezialist beschäftigt sich mit seinem Spezialgebiet und muss dafür achten, dass es in ein Gesamtbild passt, das klar definiert oder sogar klar gesteuert wird.
Ein Orchester ist hier ein gutes Beispiel. Der Dirigent steuert die unterschiedlichen Musiker zu einem guten Klang des gesamten Orchesters mit dem Ziel, ein definiertes Musikstück gut zu spielen. In einem solchen Team sind erfahrene und spezialisierte teamfähige Mitarbeiter eine gute Wahl, weil sie sehr effizient ihren Beitrag leisten und sich dabei in ein Gesamtbild einfügen.
Synchrone Teams
Synchrone Teams gehen einen Schritt weiter als parallele Teams. Das Team ist klein genug, um eine größtmögliche Interaktion zwischen den Team-Mitarbeitern zu gewährleisten. Das Team kann schnell und flexibel reagieren, neue Ideen ausprobieren und wieder verwerfen. Im Gegensatz zu einem Orchester lässt sich das eher mit einer Jazz-Band vergleichen, in der idealerweise jeder Musiker auch andere Instrumente als das aktuell gespielte ausreichend versteht, um bestmöglich interagieren zu können.
Leiter des Teams ist jeweils derjenige, der aktuell für die Melodie zuständig ist und die Jam-Session ist beendet, wenn sie zu Ende ist. Mit einem solchen Team lassen sich Projekte entwickeln, bei denen ein Ziel definiert ist, das sich in kleineren oder größeren Rahmen während der Entwicklung verändern kann. Es lassen sich Themen angehen, bei denen zu Beginn das Ergebnis noch nicht klar definiert werden kann oder sollte. Synchrone Teams eigenen sich besonders bei Aufgaben, die eine hohe Kreativität erfordern.
Ein Teamleiter eines solchen Teams muss ein Spielfeld zur Verfügung stellen und kann einen groben Rahmen definieren. Er sollte das Team dabei unterstützen, dass es möglichst ungebremst mit einer eigenen Dynamik beste Ergebnisse liefern kann. Entscheidend für diese Teams ist eine kleine Größe. Tom DeMarco schreibt beispielsweise in seinem Buch „Der Termin“ zur Teamgröße, man könne drei bis fünf Personen vor ein Whiteboard setzen und erhalte gute Ergebnisse – mit 20 Personen sei das nicht mehr möglich.
Eine Spezialeinheit von Polizei oder Militär ist ein gutes – wenn auch nicht unbedingt schönes – Beispiel. Dieses Team hat in einem Einsatz vielleicht ein grundsätzliches Ziel, kennt aber das Einsatzgebiet nicht und muss in kleiner Gruppe schnell auf Einflüsse und Veränderung gemeinsam reagieren, um zum Ziel zu kommen. In einem solchen Team bracht man hochspezialisierte, möglichst breit aufgestellte und sehr teamfähige Mitarbeiter, weil ein hohes Maß an Flexibilität und Kreativität sowie Interaktion nötig wird, um in einem komplexen und nicht klar definierten Umfeld effizient zu guten Ergebnissen zu kommen.
Virtuelle Teams
Ein virtuelles Team ist erst mal nur eine Gruppe von Personen, die an unterschiedlichen Standorten ein gleiches Ziel gemeinsam verfolgen. Ein Team am selben Standort (selbes Büro) zeichnet aus, dass sie sehr spontan und häufig miteinander interagieren können – so entstehen Verbindungen, die den Aufwand für Kommunikation reduzieren und hohe Effizienz ermöglichen. Unter dem Gesichtspunkt kann ein virtuelles Team eigentlich kein Team im eigentlichen Sinne sein – anders verhält sich das, wenn Teams nur teilweise virtuell arbeiten und Möglichkeit haben, sich in möglichst häufigen Abständen auch als Team persönlich zu treffen.
Gute technische Rahmenbedingungen können helfen, Hürden für spontane und häufige „direkte“ Interaktion zu reduzieren. Bis der Griff zum Telefon oder zur Video-Konferenz aber zum Standard wird, vergeht noch viel Übung und Erfahrung und weitere Entwicklung technischer Möglichkeiten. Ein virtuelles sequentielles Team wird gut funktionieren. Die Herausforderung für einen Teamleiter eines virtuellen parallelen oder virtuellen synchronen Teams ist es, trotz der physischen Trennung für eine gute Interaktion zwischen den Mitarbeitern zu sorgen, das Team mit hoher Aufmerksamkeit zu begleiten und die Grenzen und Hindernisse möglichst aus dem Weg zu räumen.
Ich nehme an, dass es einem parallelen synchronen Team aufgrund der Größe des Teams leichter fällt, trotz der Hindernisse durch das virtuelle Arbeiten zu guten Ergebnissen zu kommen. Die Aufgaben für einen Teamleiter sind hier größer als bei einem normalen synchronen Team, weil er zusätzliche Hindernisse durch die Rahmenbedingungen hat und viele Maßnahmen für ein Zusammenwachsen und Zusammenbleiben von Teams nicht zur Verfügung hat.
Netzwerk-Teams
Bei Netzwerk-Teams handelt es sich um eine Summe mehrere Teams, die ein gemeinsames Ziel verfolgen. Dabei bekommen Teams Eigenschaften wie Personen und nicht alle Teams können gut mit anderen Teams zusammen arbeiten. Ein Teamleiter eines Netzwerk-Teams muss hier mit Teams ebenso arbeiten wie mit Mitarbeitern und für ein respektvolles Zusammenarbeiten sorgen, wenn es die Teams selbst nicht hinbekommen. Vergleichen lässt sich das vielleicht mit großen Bauprojekten, in denen viele Subunternehmen, die spezialisiert sind auf einzelne Bereiche, zusammen arbeiten.
Da es sich hierbei meist um eine sehr große Anzahl von Mitarbeitern und ein großes Projekt handelt, wird im Zweifel ein Team aus Leitern nötig, um die alles im Blick zu behalten und sich vor allem um die Themen zu kümmern, bei denen die unterschiedlichen Teams crossfunktional zusammen arbeiten müssen. Dieses Team aus Leitern ist wahrscheinlich als synchrones Team wieder gut organisiert, weil abhängig von konkreten Aufgaben mal der eine und mal der andere eher den Ton angeben muss und nur ein gutes Zusammen-Funktionieren zu einem guten Ergebnis führen kann.
Fazit:
Es gibt unterschiedliche Team-Formen und abhängig von den Aufgaben und Zielen können Teams auf die eine oder andere Weise organisiert werden. Alle Teams haben aber bestimmte Rahmenbedingungen, die erfüllt werden müssen, damit die Teams auf ihre Art und Weise gut funktionieren. Ein Orchester wird ohne Dirigent ebenso wenig funktionieren, wie eine Jazz-Band mit einem Dirigenten nichts anzufangen wissen wird.
In meinen letzten Jahren als Projektleiter, Teamleiter und agile Coach habe ich es oft erlebt, dass bei der Einführung agiler Methoden keine Klarheit darüber herrschte, ob man synchrone oder parallele Teams wollte. Das Ergebnis: In einem ersten Schritt sollte das Team als synchrones Team arbeiten, ohne das gelernt zu haben und ohne die benötigten Rahmenbedingungen zu haben. Nach daraus resultierenden schlechten Erfahrungen griffen Dirigenten ein. Gleichzeitig entwickelt das Team Gefallen am Konzept des synchron arbeitenden Teams. Der Dirigent, der zu Beginn fehlte, ist dem Team mittlerweile zu viel.
Eine Kette von Missverständnissen und Unzufriedenheit lässt positive Erfahrungen schwer werden und eine wirkliche Einführung scheitern. Sinnvoll bei der Einführung von agilen Methoden ist eine Person, die dem Team dabei hilft, sich zu einem synchronen Team zu entwickeln und erst wenn dieses synchrone Team besteht, kann sich dieser „Entwicklungshelfer“ raus ziehen.
Selbstorganisierte Highperformance-Teams funktionieren aus meiner Sicht nur im Modell der synchronen Teams. Die anderen Teams können aber auch wertvoll sein und agile Methoden sind vielleicht mit einem parallelen Team auch denkbar, wenn der Dirigent Teil des Teams ist. Letztendlich muss man für Rahmenbedingungen Lösungen finden – die Zeit zu investieren lohnt sich, weil schneller bessere Ergebnisse erzielt werden.
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