In Scrum ist der Product Owner dafür verantwortlich, den höchsten Kundennutzen zu erzeugen. Er ist leidenschaftlicher “Owner” seines Produkts, vertritt und vermittelt seine Vision. Verantwortlich für den höchsten Kundennutzen muss er immer wieder überprüfen, wie erfolgreich sein Produkt bei seinen Kunden ankommt.
Neben seiner Hauptaufgabe, mit Kunden, Stakeholdern und seinem Team zu kommunizieren, organisiert er seine Arbeit in einem Backlog. Das Backlog ist eine Liste von Wünschen, Ideen und Wetten auf ein kontinuierlich verbessertes Produkt. Dabei ist es ganz natürlich, dass die Menge der Wünsche, Ideen und Wetten viel mehr sind, als die Entwicklerteams umsetzen können. Es entsteht also eine lange Schlange von Wünschen, die der Product Owner priorisiert unter Berücksichtigung seiner Vision vom Produkt und dem zu erwartenden Kundennutzen.
Hierbei hilft ihm zu überlegen, welche Themen den höchsten Nutzen haben und dabei den kleinsten Umsetzungsaufwand haben (WSJF – weighted shortest job first), denn um möglichst viel zu erreichen hilft es, mit jedem Thema möglichst wenig Aufwand zu haben. Aber auch wenn jede Umsetzung so klein wie möglich ausgestaltet wird, wird die Schlange der Wünsche, Ideen und Wetten auf ein besseres Produkt immer länger. Nach kürzester Zeit entsteht so eine Liste, die Aufgaben für 6-24 Monate beinhaltet. Diese Liste abzuarbeiten hat mit agiler Arbeitsweise und der Möglichkeit, schnell auf Veränderungen und neue Erkenntnisse zu reagieren, nichts mehr zu tun. Die Liste aufzubauen und damit einen langen Plan zu machen in dem Unwissen, ob der Plan so Bestand haben wird, ist unnötige und damit verschwendete Arbeit.
Was kann also ein Product Owner machen, um sich ein hohes Maß an Agilität zu bewahren, um schnell auf neue Erkenntnisse reagieren zu können und nur die notwendigen Pläne zu erstellen? Es ist ebenso einfach wie schwer: Er muss lernen “Nein” zu sagen. Er muss die Freiheit und Fähigkeit haben, auch gute Ideen auch von wichtigen Stakeholdern oder eigene Wünsche abzulehnen, ohne sie dabei auf die lange Bank zu schieben. Natürlich kann das freundlich passieren, aber es muss ebenso deutlich sein.
Entscheidungen raus zu schieben, Stakeholder zu beschwichtigen mit Aussagen wie “Die Idee ist gut, aktuell haben wir keine Zeit, wir machen das später” ist einfacher, aber nicht hilfreich. Eine solche Aussage ist weder ehrlich, noch sorgt sie für Transparenz. Ob ein auf “irgendwann in sechs Monaten” geschobener Wunsch wirklich in sechs Monaten umgesetzt wird, das hängt von den neuen Ideen ab, die bis dahin in das Backlog eingeflossen sind. Insofern kann und sollte in einem agilen Umfeld eine solche Zusagen nicht gemacht werden.
Product Owner müssen “Nein” sagen zu Themen, die nicht innerhalb der nächsten Wochen und wenigen Monaten umgesetzt werden, auch damit ein “Ja” das richtige Gewicht bekommt. Dabei ist es gleichzeitig wichtig, einen groben Plan und die eigene Vision immer vor Augen zu haben. Das hilft zum Beispiel Stakeholdern, statt zu warten andere Lösungen für ihr Problem zu suchen, mit denen sie ihr Ziel erreichen. Themen, die heute nicht wichtig genug sind, sind wahrscheinlich morgen auch nicht wichtig genug und wenn sie irgendwann wichtig genug werden, werden sie zu dem Zeitpunkt innerhalb weniger Wochen eingeplant und umgesetzt.
(Das verwendete Bild ist von Abi Ryan – vielen Dank!)